Montag, 6. Oktober 2014

Fein-Feiner-Favorite? Review einer Favorite Vizor VZR-602L- präsentiert von Angeljoe

In einem anderen Post hier auf dem City-Angler haben wir bereits ein paar Hintergrundinfos zur noch recht frischen Marke "Favourite" geliefert, nun habe ich die Möglichkeit Euch eine Rute des Lineups detailliert vorzustellen. Wie Sascha, der bereits ein Review zu einer schwereren Ausführung der Rute lieferte,  habe ich mich für eine Gerte der "Vizor"-Reihe entschieden. Während er eben eine stärkere Ausführung ausgewählt hat, um Rapfen, Hecht und Co. nachzustellen, sollte es bei mir eine Rute sein die mein bisheriges Lineup nach unten ergänzt: Ich suchte eine Rute für kleine Bulletweights, unbeschwerte Gummis für die Oberflächenangelei und für kleine Spinjigs sowie für kleinste Hardbaits. In diesem Bereich empfiehlt sich üblicherweise eine Rute für die Stationärrolle- und die Vizor machte bereits im Laden einen sexy Eindruck. Nach mehreren Wochen Einsatz über die Sommerzeit erlaube ich mir nun ein Resümee.

Hier zunächst die nüchternen Herstellerdaten:

  • Rutenart Steckrute
  • Rutenlänge in cm 183
  • Teile 2
  • Transportlänge in cm 95
  • Wurfgewicht 2 - 10g
  • Wurfgewicht min 0 - 10g
  • Wurfgewicht max 0 - 20g
  • Blank: mod-fast 
Die Rute wird im Verkaufstext angepriesen als: "designed, um den Traditionen des japanischen Barschangelns gerecht zu werden". Ob sie diesem (hohen) Anspruch gerecht wird,habe ich auf dem Zahn gefühlt.

Erster Eindruck: Die Rute kommt schlicht daher: Alles in allem in edlem Schwarz gekleidet mit silbernen Applikationen und  relativ kantigen Formen, erinnert sie mich an eine Kreuzung aus Graphiteleader Veloce Neo und einer Rute von Garbolino. Und genau das finde ich so sexy an ihr: Sie wirkt schlicht-edel, es gibt keine unnötigen "Bling-Bling"-Effekte. Ich mag es wenn Hersteller das Geld lieber in die hochwertige Ausstattung einer Rute, als in glitzernde Showeffekte stecken- Die Rute wird gut in mein Lineup passen. Sie steckt in einem hochwertig anmutenden Futteral, das angenehmerweise nicht nach Weichmacher und Plastik stinkt. Das habe ich bei einigen teuren Ruten schon anders erlebt.

auf dem ungeschliffenen Blank sitzt der serienmäßige Hakenhalter

Blank: Der Blank ist ungeschliffen und unlackliert, man kann also die Lagen der Carbon-Matten beim Fahren mit dem Finger über den Blank noch erfühlen. Das haben einige Ruten so und mir gefällt es sehr gut. Es wirkt auf mich sehr hochwertig und soll gleichzeitig den Effekt haben, die Aktion und Feinfühligkeit der Rute nicht negativ durch dicke Lackschichten zu verändern. Eine wirklich tolle Sache ist der abnehmbare Fuji-Hakenhalter (Hook-Keeper), der Serienmässig an der Rute angebracht ist. Das ist super für Leute die sich sonst nachträglich so ein Teil teuer zulegen müssten, aber eben auch für Angler die keinen Hakenhalter an ihrer Rute möchten und ihn einfach abnehmen können. Das kann ich zwar nicht nachvollziehen, soll es aber geben. Die Rückmeldung des Blanks ist sehr gut. Man erlebt hautnah was unter Wasser am Köder vor sich geht. Beim Biss von handlangen Barschen und anschließendem Drill habe ich manchmal viel größere Fische vermutet und mich gewundert, was für Fritten dann zum Vorschein kamen.
Meiner Erfahrung nach kommt es grade bei solchen light- und ultralight-Ruten auf hochwertiges Blankmaterial an. Während sich billige Carbonmatten mit viel Harzanteil zu harten und schweren Blanks pressen lassen, die dann trotz des schlechteren Materials eben aufgrund der Härte über eine recht gute Rückmeldung verfügen und passable Zanderruten abgeben, ist dies bei feinen Ruten nicht der Fall. Hier wirken billige Blanks eben billig und schwabbelig-langsam. Im Fall der Favorite Vizor spürt man die hochwertigkeit des Materials beim Fischen sehr deutlich: Der Blank ist voller Spannkraft und erlaubt weite und präzise Würfe. Gut gemacht.

das KR Concept holt die Schnur eng an den Blank
 Ringe:  Der verwendete Ringsatz ist von Fuji und hört auf den Namen "K-R Concept". Damit ist erstmal  beschrieben welche Ringtechnologie benutzt wurde, über das verwendete Material der Ringe oder der Ringeinlage wissen wir an diesem Punkt noch nichts. Das K-R Concept beinhaltet einen großen Starterring an langen Doppelstegen, der die Schnur dann durch weitere Ringe schnell zu kleinen, enganliegenden Ringen am Spitzenteil bringt. Damit soll vermieden werden, dass die Schnur beim Wurf in großen Spiralen gegen die Ringe "schlägt" und somit Weite eingebüßt wird. In der Praxis gefällt mir das System sehr gut, die Wurfweite ist hervorragend. Ob das jetzt eher an den Ringen oder der verwendeten Nanofil liegt mag ich nicht beurteilen. Wahrscheinlich ist es eine Kombination der Details die zu einem tollen Weitenergebnis führen. Durch die kleinen Ringe auf dem Spitzenteil (sog. "Microguides") hat die Rute jedenfalls eine schöne Balance. Auch mit kleinsten Rollen fühlt sie sich nicht kopflastig an. Da stört es auch nicht, dass "lediglich" Stahlrahmen und Alconiteeinlagen verwendet wurden. Im Gegenteil: Ich bin kein Ringfetischist und glaube, dass man hier eine Menge Geld als Hersteller bzw.  im Endeffekt als Kunde sparen kann. Wenn man sich anschaut was alleine ein Satz Fuji-Sic Ringe kostet... Ich hatte noch nie Probleme mit Alconite Ringen, mir sind auch keine bekannt. Ergo: Mir gefällt die Ringauswahl der Rute.

Rollenhalter und Griff: Die Rolle wird durch einen Rollenhalter ebenfalls aus dem Hause Fuji an der Rute befestigt. Der vordere Teil des Duplons ist fest im doppelten Sinn: "Fest" mit der Rute verbunden und "fest" in der Haptik-der Duplon fühlt sich sehr hochwertig und straff an. Hinten umschließt ein Rollenhalter das Ende des Rollenfußes (sog. "Screw-up" Rollenhalter, im Gegensatz zu einem "Screw-down", der die Rolle von vorne festhält), vom Gewinde ist nach dem Schließen nichts mehr zu sehen. Das finde ich hervorragend: ich mag es nicht wenn ich beim Angeln auf den Plastikwindungen des Rollenhalters herumgrabbeln muss. Dezente Zierringe vermitteln vornehme Zurückhaltung und wirken sehr harmonisch an der Rute. Als kleiner Nachteil könnte sich möglicherweise herausstellen, dass der Duplon gleichzeitig als "Abschlusskappe" fungiert, also beim Absetzen der Rute auf dem Boden mit der Zeit etwas unansehnlicher werden könnte. Bisher ist mir aber aufgrund der wirklich guten Qualität des Duplons noch nichts aufgefallen. Und bei näherer Betrachtung finde ich es eigentlich egal, ob jetzt eine Metallabschlusskappe oder ein Duplonstück mit der Zeit verkratzt.

der Duplon bildet gleichzeitig die Abschlusskappe

edel und elegant...
...mit dezenten Zierellementen kommt die Vizorreihe daher


Einsatzzweck:
Die Aktion der Rute ist mit "moderate-fast" angegeben, eine andere Bezeichnung für "regular-fast" bzw. eine Mischung aus Spitzenaktion und Semiparabolischer Aktion. Schon schlauer? Weniger kompliziert ausgedrückt kann man sagen, dass sich die Rute bei Belastung in etwa dem ersten Drittel des Blanks biegt ( ursprünglich haben diese Angaben eher mit der Blankform als mit seinen Eigenschaften zu tun gehabt, das soll hier jetzt aber nicht vertieft werden). Die Rute ist somit straff genug für Gummifisch mit geflochtener Schnur, andererseits aber auch nachgiebig genug, dass z.B. Crankbaits an Mono verführerisch und natürlich laufen. Ich habe die Rute gerne im Sommer als Allrounderin für die ganzen feinen Barschbaits gefischt, was mir richtig Spaß gemacht hat. Weiter oben habe ich bereits die bevorzugten Baits angeführt: Gummis lassen sich mit Rigs oder Bleiköpfen mit ca. 7 gr.super  fischen. Mit leichteren Köpfen ist auch ein aggressives Jiggen möglich, auch wenn dies nicht die Paradedisziplin der Rute ist. Bitte nicht falsch verstehen: Sie macht sich hervorragend mit kleinen Tungsten- und Bleigewichten, aber die aggressive Führung ist nicht ihre Welt. Ich würde sie nicht als "knochentrocken-hart" beschreiben, das Prädikat "feinnervig-ausgewogen" passt besser zu ihr und dem Anspruch, für viele Köder gleichermaßen geeignet zu sein.  Am liebsten hat die Rute meiner Meinung nach kleine Cranks in Chubbygröße und Spinnerjigs von 4-6 Gramm, die wunderbar laufen und gefühlvoll geschleudert werden können. Achja: Dropshot beherscht sie natürlich auch. Verheiratet ist sie mit einer Mitchell Mag Pro Extreme 200, die etwa einer 1000er Shimanogröße entspricht und optisch wie geschaffen für die Rute ist. Als Schnur verwende ich die angesprochene Nanofil in 0,08mm.
Für unbeschwerte Insektenimitationen und anderes Getier taugt die Rute in der Testversion -10 g nur  bedingt. Wer ständig solche "Kleinstbaits" werfen will, ist mit der feinsten Ausführung der Rute bis 7 g. noch besser bedient. Als Alternative aus dem Hause Favorite bietet sich auch noch die "Synapse" Serie an, die sich an durch die zahlreichen goldenen Applikationen sicher super in Verbindung mit einer 1000er Stella macht.

zwei gute Freunde: Vizor L und ein Spinjig

Fazit:  Gesucht habe ich eine Rute für die feine Barschangelei. Dabei sollte die Kandidatin eine Allrounderin sein., mit einer Rute sollten sich also alle möglichen Köder fischen lassen. Und ich bin absolut fündig geworden. Die Vizor in der "L-Version" ist wie dafür geschaffen. Für mich ist sie eine Allzweckwaffe der leichten Art in Tradition japanischer Bassruten-mission completed!
Bei der zukünftigen Auswahl einer neuen feinen Rute für die Stationärrolle sollte neben den mittlerweile etablierten Japanbrands auch Favorite zum Favoritenkreis gehören, davon bin ich überzeugt. Das Preis-Leistungsverhältnis bei der getesteten Version bezeichne ich als sehr gut. Wenn man bei der Rute den Markennamen mitbezahlen müsste, gehe ich davon aus dass der Preis mit einer 2 statt einer 1 beginnen würde.

Kleiner Hecht- große Freude an der Testrute

Von mir an dieser Stelle auch nochmal ein Dankeschön an Jonas von Angeljoe, der diesen Test möglich machte.

Viel Freude am Wasser und beim Fang neuen Tackles wünscht Euch,
Dennis.

Die Ruten findet ihr in den http://blog.angeljoe.de/ -Filialen oder unter http://jimfish.de/angelruten