Donnerstag, 23. Juli 2015

Mallorca und Angeln, kann das gut gehen? Die Lieblingsinsel der Deutschen im Selbstversuch

"Ich fliege nach Malle". Wer diesen Satz ausspricht, drückt beim Gegenüber oft auf den Einschaltknopf des Kopfkinos: Ballermann, Bierkrüge im "Oberbayern" oder bloß Poolurlaub mit reservierten Liegen. Doch Mallorca arbeitet mit Nachdruck an einem Imagewechsel und hat Abseits der Palmapromillepromenade den Ruf, wirklich schön zu sein. Um einen Urlaub am Meer zu machen und nicht zu lange fliegen zu müssen, soll es eben  Mallorca werden. Ausgesucht habe ich mir S'Illot an der Ostküste- und das Tackle darf natürlich nicht fehlen...

Los geht es ganz deutsch mit einer Angellizenz. Das gute Stück heißt  "Licenza de Pesca recreativa" und ist auf  der Internetseite der Inselverwaltung zu einem Preis von rund 10 Euro online zu bekommen. Man benötigt nur diesen Schein zum Angeln im Meer (von Land aus) in Verbindung mit dem Personalausweis. Den deutschen Fischereischein könnt ihr getrost zu hause lassen. Mit Hilfe des Googleübersetzers und Gottes Hilfe oder guten Spanischkentnissen schafft man es, die Lizenz herunterzuladen und auszudrucken. Erlaubnisscheine gibt es sonst noch an wenigen Orten auf der Insel, vor allem in Palma, das Prozedere scheint jedoch einen halben Urlaubstag zu beanspruchen. Ich wurde beim Angeln zwar nicht kontrolliert, aber hatte doch ein wesentlich entspannteres Gefühl über die Erlaubnis zu verfügen. Ein Angelladenbesitzer vor Ort  sagte mir, dass zwar nicht oft kontrolliert wird, die Strafe im Fall der Fälle aber von Beschlagnahmung der Ausrüstung bis zu empfindlichen Geldstrafen reichen kann.

Ich bin also im Besitz der Lizenz, der Ausweis ist kopiert und die Papiere in meiner Angeltasche verstaut. Aber was nehme ich noch mit? Meine Recherche ergab, dass die Angelei mit Kunstködern sehr schwierig werden könnte. Üblicherweise wird auf Mallorca erst in der Dämmerung geangelt und meist mit Brot, Tintenfischstücken oder Garnelen an Pose oder Grundmontage gefischt. Na gut, auf Ansitz habe ich zwar eigentlich keine Lust, aber eine Notausrüstung kommt mit- Grundblei, Vorfächer, Wirbel, Posen, Schrotblei...wie war das nochmal, was brauche ich noch zum Stippen? Mittlerweile bin ich doch schon sehr zum eingefleischten Spinnfischer geworden...ok, das sollte reichen. Außer einem Messer und einer Lösezange müssen eben noch Spinnköder mit. Ich will es wenigstens probieren: kleine Spinnerjigs, Minigummis zum Light- Rockfishing an der Felsenküste und ein paar  größere Sachen, falls ich Barracuda und Co. begegne. Stahl und Hardmono kommen auch noch in die Tasche. Das Reisetackle ( eine 4-teilige, 2 Meter lange Rute bis 1,5 oz und eine feinere Teleskoprute in 1,80 Meter kombiniert mit einer Spro Passion 7200 mit 0,14 Spiderwire) ist bruchsicher verstaut. Los gehts!

Da sollte doch hoffentlich das Passende dabei sein
Microjigs mit 2" Trailern
Achso: die Polbrille nicht vergessen!
Der Flug ist entspannt und kurzweilig, der anschließende Transport vom Flughafen in Palma zum Hotel mit dem Bus dauert dafür etwas über eine Stunde. Ok, wenigstens ist er schön klimatisiert. Dort angekommen ist am ersten Abend an Angeln nicht mehr zu denken, meine Freundin und ich wollten erstmal die Gegend erkunden. Der Strand von S´Illot und der von dem etwas größeren Ort Sa Coma liegen dicht beieinander und die Promenade lädt zum Schlendern ein. Überall kann man etwas essen, trinken oder am Meer liegen. Die Einkaufsmöglichkeiten in den "Spar"märkten, die alle paar Meter den Wegrand säumen,  sind unverkennbar auf Touristen ausgelegt. Es gibt Strandartikel, Bier und alles sonst, was der Pauschalurlauber benötigen könnte. Die Preise erscheinen mir aber durchaus günstig. Dies trifft auch auf die Restaurants zu, deren Preise üblicherweise unter dem deutschen Durchschnitt liegen. Hier gibt es starken Konkurrenzkampf, trotzdem scheint Alles sehr relaxt abzulaufen.

Rau und felsig kann Mallorca sein
Schöne Aussicht ;)
Eine kleine Bucht in Hotelnähe
Anglerisch besonders ins Auge fallen mir gleich die felsigen Teile der Bucht, die den Strand einrahmen. Hier vermutete ich den Fisch als erstes. Voller Tatendrang und Hoffnung auf einen Biss geht es mit den Kunstködern am zweiten Abend los. Zuerst soll ein Spinnerjig,  meine Allroundwaffe zuhause, für Fischkontakt sorgen. Nachdem ich halsbrecherisch in bester Shaolin-Manier in Sandalen über die Felsen bis zum Wasser balanciert bin, bringen die ersten Würfe in der Dämmerung keinen Biss. Die Nächsten und die anschließenden Würfe allerdings auch nicht. Wenn es nicht beissen will hilft ja oft der Wechsel auf einen kleineren Köder. Doch auch mit einem kleinen Spinner, einem Minikrebs am Jig und einem Twitchbait lässt sich kein Fisch zur Attacke überreden. Etwas desillusioniert stolpere ich, inzwischen ist es dunkel geworden, zurück zum Strand. Ok, so leicht wie gehofft wird es wohl nicht werden, denke ich mir. Der Weg zum Hotel zurück führt über eine kleine Brücke, die den Strand von S'Illot mit dem vom angrenzenden Ort Sa Coma verbindet. Das Wasser ist dort nur knietief und im Licht der Promenadenbeleuchtung lassen sich Meeräschen und mehrere Aale ausmachen, die hier wohl häufig von Touristen gefüttert werden. Richtige Brocken sind bei den Meeräschen dabei, ich wusste gar nicht, dass die so groß werden können. Ob meine Lizenz hier auch gilt?

Am nächsten Tag genießen wir das Meer und den recht hohen Wellengang an diesem Tag. Auch die Bodyboard, kleine Surfbretter, sind hier überall günstig zu bekommen: So ein Wellenbrett für 12 Euro werde ich einfach am Ende des Urlaubs verschenken, denke ich mir. In den Flieger mitnehmen möchte ich es nicht. Ausgerüstet mit Taucherbrille und kindlicher Freude macht es richtig Spaß, den besten Zeitpunkt zum Gleiten auf der Welle zu suchen. Wer mag, kann mit der "Turistic Tren" genannten Bimmelbahn auf Rädern von einem zum anderen Strand fahren. Wir sind an diesem Tag am Strand von Cala Millor (oberhalb von Sa Coma), der mit seinem Puderzuckersand und dem türkisblauen Wasser locker als Südseeparadies durchgehen könnte. Cala Millor empfinde ich als schönsten Ort der Ostküste, auch wenn der Rest ebenfalls als wunderschön angesehen werden kann. So schön hatte ich Mallorca mit den Palmen, den abwechlungsreichen Landschaften zwischen Gebirge und Meer und eben dem perfekten Meer gar nicht in Erinnerung. Beim Schnorcheln könnte man zwar den Eindruck bekommen, dass es kaum Fisch gibt, aber beim näheren Hinsehen fallen jedoch kleine Plattfische und vereinzelt vorbeiziehende Schwärme aus Brassen- und Barschartigen Fischen auf, die jedoch selten größer als 15 cm sind. So einer wird sich doch bestimmt in den nächsten Tagen fangen lassen?
Ein Naturschutzgebiet bei Sa Coma bietet unberührte Natur
Schöner kann ich mir eine Promenade kaum vorstellen
Der Strand war glücklicherweise nicht überlaufen
Tag 5, und ich habe mich genug am faulen Leben am Strand und Pool erfreut. Ich bin nach dem ersten Dämpfer wieder heiß aufs Angeln! Es fiel in Gesprächen mit Einheimischen und Angestellten  immer wieder der Ortsname "Porto Cristo" in Bezug aufs Angeln. Unterhalb von S'llot gelegen sollen dort Boote zum Riffangeln und zum Big Game rausfahren, der Hafen des Ortes könnte sehr interessant zum Spinnfischen sein. Nach einem ausgiebigen Frühstück am Hotelbuffet, das mit gebratenem Speck, Würstchen und Bohnen eher die Touristen aus England ansprechen dürfte, geht es los. Diesmal entscheide ich mich für den öffentlichen Nahverkehr und nehme den "Bus Red", wie die Linie hier heißt, nach Porto Cristo. Glücklicherweise ist der Busfahrer nett und der Bus klimatisiert, denn ich habe mir den gefühlt heißesten Tag des Jahres für meinen Ausflug ausgesucht. Porto Cristo ist ebenfalls wunderschön: auf der linken Seite die felsige Küste mit den privaten Villen, der durch Wellenbrecher geschützte Strand in der Mitte und der langausgedehnte Hafen auf der Rechten. Im örtlichen Angelladen spricht der Inhaber englisch und hilft mir gerne mit ernüchternden Neuigkeiten weiter: Im gesamten Hafenbereich ist das Angeln verboten, die Tagesgebühr für die Angelausfahrt mit dem Boot kostet 500 Euro zu den Riffen und Wracks, fürs Big Game werden 750 Euro fällig. Die Preise gelten nicht pro Person sondern für das ganze Boot, bloß wo soll ich auf die schnelle 5 weitere Angelverrückte auftreiben? Zusätzlich dazu kann mir der freundliche Herr das Angeln am Tag so gar nicht empfehlen, es würde so gut wie nichts beißen. Am günstigsten sei es seiner Meinung nach, wenn ich mit ein Kanu leihe und aufs offene Meer paddle. Nach kurzer Überlegung und anschließender Feststellung, dass ich an meinem Leben hänge, entscheide ich mich dagegen und kaufte stattdessen einen Oktopusköder. Dies erschien mir zwar weniger abenteuerlich, aber ich habe den Mann wenigstens nicht ohne einen Kauf belästigt. Natürlich habe ich beim obligatorischen Versuch mit Spinnködern von den nahegelegenen Felsen in der prallsten Sonne Spaniens nichts gefangen. Wie wunderschön langausgedehnt der Hafen des Ortes auf der Rechten wirklich ist, konnte ich beim anschließenden Gewaltmarsch an den Booten entlang erfahren. Hier muss es doch irgendwie auf die andere Seite zu der perfekten Mole und den Wellenbrechern gehen! Bei 40 Grad im Schatten verfluche ich innerlich den Entschluss "schön früh nach dem Frühstück" losgegangen zu sein, um jetzt in der Mittagshitze im perfekten Hafen nicht angeln zu dürfen. Ich behalte Porto Cristo trotzdem in guter Erinnerung, die attraktive Bedienung im Strandrestaurant ist freundlich und das leckere Mittagessen, neben reichlich "aqua sin gas" bestehend aus Brot, Oliven und Aioli, versorgt mich mit den dringend benötigten Mineralstoffen. Ich fasse den Entschluss, nur noch in der Dämmerung zu angeln und Porto Cristo nochmal ohne Tackle zu besuchen. Die Tropfsteinhöhle "Cuevas del Drach" soll wunderschön sein.
Bei gefühlten 80 Grad kämpfe ich mich über Felsen und unter Lebensgefahr heldenhaft ans Wasser...
Die Mole gegenüber sieht sehr interessant aus!
...und nach dem Angeln springen die Kinder von hier aus ins Meer. Da komme ich mir etwas weniger heldenhaft vor.
Blick auf die Bucht von Porto Cristo
Der verdammte, wunderschöne Hafen ist sehr groß!
Ab und zu kann man ein Päuschen im Schatten einlegen. Hier ist es dann nur 70 Grad heiß.

Dieses Gesicht wurde durch einen Hitzekrampf ausgelöst


Die nächsten Tage vergehen wie im Flug. Wir besuchen die in der Tat wunderschönen Tropfsteinhöhlen, die den zweitgrößten unterirdischen See Europas beherbergen und auf dem ein klassisches Konzert geboten wird. Die Musiker befinden sich dabei auf einem beleuchtetet Boot, dieses Spektakel kann ich unbedingt empfehlen. Nur bedingt empfehlenswert finde ich die Fahrt dorthin mit dem Glasbodenkatamaran, wenn die gelbe Flagge weht und hohe Wellen angesagt sind. Etwa die Hälfte der Passagiere war komplett weiß im Gesicht, die andere Hälfte saß still auf ihren Plätzen oder hat sich gleich zum Fische füttern in den hinteren Teil des Schiffes zurückgezogen. Ich würde mich beim nächsten Mal für einen "grüne-Flagge-Tag" entscheiden ;). 
Kuck mal, wunderschön
Fische konnte ich hier nicht entdecken
Bauartbedingt tanzt der Katamaran hervorragend auf den Wellen
Blick durch den Glasboden des Schiffes.Nicht der ganze Boden, sondern nur 2 kleine Kabinen im Boden sind verglast
Als es abends am Buffet frittierte Calamares gibt, erkenne ich meine Chance und schmuggle einige der Tintenfischringe aus dem Speisesaal, um sie abzuwaschen und stückchenweise anzuködern. Der Plan steht und ich fühle mich diesmal vorbereitet: Ich will wieder an die Felsküste dicht beim Hotel, diesmal mit Naturködern am Paternostersystem. Ich bin jetzt auch mit Mückenschutz eingesprüht, da die kleinen Biester in den Wasserpfützen in Strandnähe scheinbar wunderbar gedeihen. Blöderweise hat mein Handy beim mittäglichen Tretbootausflug  bewiesen, dass es nicht salzwasserfest ist und verweigert mir ab jetzt  den Dienst. Fotos werde ich wohl nicht machen können. Egal, ich will angeln! Also schnell noch ein eiskaltes "San Miguel" beim örtlichen Feinkostladen erstehen und hin zur Felsmole. Als die Rute nach kurzer Zeit einen Biss auf die Grundmontage anzeigt, bin ich ganz aus dem Häuschen. Endlich Fischkontakt! Den anschließend gelandeten brassenartigen Fisch mit gelben Streifen und ca. 25 cm Länge musste ich mir hart erarbeiten. Umso stolzer bin ich jetzt auf diesen Fang. Mein persönliches Highlight an diesem Abend ist allerdings der kleine Tintenfisch, den ich später auf den neu erworbenen  Köder fangen kann. So hat es mit dem Fang auf einen Kunstköder doch noch geklappt und ich bin überglücklich. Trotz der Reihen feststehender Haken am Köder kann ich das Tier ebenfalls leicht befreien und releasen.  Die anschließend gehakte Seegurke werte ich nicht als Fang und befreie sie nur äußerst widerwillig mit der Zange. Schön sind diese Tiere eher nicht, wie ich finde.
Abends kommen auch große Fische in Ufernähe. Ein etwa 1 Meter langes Exemplar ließ sich jedoch nicht zum Biss überreden
Ach Mallorca, ich vermisse Dich
Am nächsten Abend kommt es wie es kommen muss: bewaffnet mit dem Fotoapparat der Freundin und den restlichen Calamares kann ich das Ergebnis des Vorabends nicht wiederholen. So ist dieser Bericht zu einem Bericht ohne Fischbild geworden. Ich hoffe, ihr seht es mir nach. Auf dem Weg zum Hotel lasse ich nochmal abschließend den klaren Sternenhimmel und das entspannte Rauschen des Meeres gefallen. In der Ferne zieht ein kleines Boot seine Runden, es leuchtet mit einem Strahler auf die Wasseroberfläche. Ich vermute Tintenfischfänger, die möglicherweise mit dem Licht die Kopffüßler aus der Tiefe locken. Im seichten Wasser des Strandes sind große Schwärme von Fischen auszumachen, ich vermute ebenfalls Meeräschen, wie im seichten Kanal.Im Hintergrund spielt eine Liveband Hits von Michael Jackson. Morgen geht es wieder nach Hause.Aber ich weiß, ich komme wieder.
Alkoholfrei für die schwangere Freundin und trotzdem total lecker
Relaxte Grüße,
Dennis.